Wie wahr! Das erste, was einem homo fluvius rhenus auffällt, ist eine verblüffende Humor-Kompatibilität. Vielleicht haben Grenzvölker, die seit Jahrhunderten freiwillig oder gezwungen Einflüssen grösserer Nachbarvölker ausgesetzt sind, eine parallele Art entwickelt, damit umzugehen.
Euskaldunak (BaskInnen) sind erfreulich weltoffen und heimatverbunden, streitbar und kompromissfähig, idealistisch und realistisch, gutgläubig und skeptisch. Sie lachen gerne, oft und ausgiebig. Wer sie daran hindern will, kann erleben, wie böse sie werden können.
BaskInnen sind fähig zu kritischer Distanz, und lachen mindestens genauso gerne über sich selbst als über andere. Eine wunderschöne Karikatur zeigte einmal einen typischen Basken samt Mütze, auf einem zweiten Bild denselben, aber ohne Mütze. Nur: Der Zipfel obendrauf blieb. Vielleicht sind Basken Aliens?
Eine ganze Sammlung herrlichster baskischer "Normaltypen" stand Weihnachten 2001 in Form eines lebensgrossen Puppen-Ensembles in einem Einkaufszentrum in Donostia herum.
Dass die Basken selber nicht wissen, wo sie ursprüglich herkommen, stört sie nicht weiter. Sie sind eben einfach da. Das entspricht dem "rheinischen Grundgesetz", Artikel Eins: "Et kütt, wie et kütt".
Eine Anekdote erzählt von einem englischen Lord, der bei einem Diplomaten-Empfang im Rathaus von Donostia minutenlang über seine mehrere hundert Jahre alte Abstammung referierte. Ein Ratsherr von Donostia soll sich das fasziniert angehört haben. Zum Schluss konterte er gelassen: "Das ist bei uns nicht so kompliziert. Wir stammen von niemandem ab."
Die für San Sebastian extrem tiefen Temperaturen im Winter 2001/2002 kommentierte ein Satiriker sehr einleuchtend: "Ist klar. Die haben die Temperaturen in EURO umgerechnet."
Wer mit offenen Augen durch Donostia geht, erlebt Menschen mit auffällig wachem Blick und Schalk in den Augenwickeln. Es mag ein subjektiver Eindruck sein, aber der Altersdurchschnitt wirkt niedrig. Das Land macht einen jungen, agilen Eindruck.
Einen auffälligen Unterschied gibt es schon: Den Umgang mit "Besatzungsmächten". Wo der Rheinländer prompt mit Römern, Franzosen, Preussen, Engländern, und schon wieder Preussen (heute wieder in Berlin) anfängt, zu "maggeln" (=handeln), stossen manche Basken an die Grenzen seines Humors. Wo der Rheinländer als Ausdrucksmittel des Spottes sowas wie "Karneval" entwickelt, sprühen einige Basken Parolen an Häuserwände. Auch der grosse Brand von 1813 beruhte auf Auseinandersetzungen zwischen den englischen und portugiesischen Truppen einerseits und der selbstbewussten Bevölkerung andererseits.
Selbst bei den politisch motivierten Graffiti sind die Basken noch zu enormen Differenzierungen fähig. So schnell, wie ein E.T.A.-Anhänger seine Parole an die Häuserwand sprüht, so schnell kann die Aussage auch durch einen Anderen mit drei Griffen auf den Sprühkopf ins Gegenteil verkehrt werden. Aus einem simplen "O" wird dann eine niedliche Karikatur eines Basken samt Mütze.
So nebenbei: Was soll ein Rheinländer für eine Meinung über ein Volk gewinnen, dass einen Begriff wie "pixigari" kennt? Zu Deutsch: "Lust am Pinkeln". Die Lösung dieser Frage sei dem geneigten Leser zur Übung überlassen.