Informationen über Donostia/San Sebastián und das Baskenland

Verkehr

Wer als deutscher Autofahrer in San Sebastian südländische Verkehrsverhältnisse mit gepflegtem Chaos erwartet, wird herb enttäuscht. Hier geht es vergleichsweise gesittet zu. Es wird fast so wenig wie bei uns gehupt. Man achtet aufeinander und besonders auf Fußgänger.

Mit den Regeln nimmt man es trotzdem nicht so genau. Bei Rot an der Fußgängerampel bleiben tatsächlich alle zunächst stehen. Aber nur, um genau hinzuschauen. Kommen Autos, wird abgewartet, kommen keine, wird die Strasse ohne Rücksicht auf die Ampelfarbe überquert. Ist bei grünen Wellen die Masse der Autos durch, gehen alle los. Auch, wenn ein Polizist daneben steht. Der geht auch.

Das ist symptomatisch für den ganzen Verkehr. Regeln sind nicht in erster Linie dazu da, eingehalten zu werden, sondern sie sollen einen Sinn erfüllen. Werden sie sinnlos, verlieren sie ihre Wirkung. An einer grossen Kreuzung stand früher eine Ampel ohne die bei uns üblichen weissen Querstreifen auf der Strasse. Ich wette, die Mehrheit deutscher Autofahrer wäre durchgefahren, weil sie nicht wüssten, wo sie stehenbleiben sollen. Die Donostiarrak nicht. Bei Rot bleiben sie stehen. Es ist nämlich sinnvoll. Von links kommen die Busse. Die haben Grün und wissen das auch...

Hier steht der Mensch im Vordergrund. Geht er gedankenverloren über die Strasse, wird kommentarlos gebremst oder ausgewichen. Was bei uns ein Hupkonzert auslöste, ist hier normal.

Ohne das revoltierende Einzelhändler sich dagegen stemmten, wird in Donostia die ohnehin schon großzügige Fußgängerzone erweitert. Donostia gehört zu den zehn fußgängerfreundlichsten Städten Europas. Die gesamte Altstadt und grosse Teile des modernen Zentrums sind flächendeckend, mit Ausnahme des Boulevards und weniger Hauptstrassen, für den Verkehr gesperrt. Alle hoch belasteten Strassen haben Bus- und Taxi-Spuren. Das Netz der Fahrradwege ist noch relativ neu, wird aber auch zügig ausgebaut. Hier möchte man einen gewissen Oberbürgermeister einer bekannten rheinischen Großstadt festketten.

Es verwundert, dass die Donostiarrak trotzdem über den schlimmen Verkehr jaulen. Der Hintergrund wird erst am Steuer eines Autos klar. In den Hauptverkehrszeiten ist der Verkehr in der Tat extrem dicht. Auf allen Achsen entstehen lange Staus. Zu Fuss ist das kaum bemerkbar. Fast alle wichtigen Ziele in der Innenstadt liegen in oder am Rand von Fußgängerzonen.

Wenn das Ziel zu weit ist, bietet sich der Bus an. Ein dichtes Streckennetz und vorbildliche Taktzeiten erschliessen die ganze Stadt. Auf den wichtigsten Linien ist der Blick auf den Fahrplan überflüssig. Der nächste Bus kommt sowieso gleich. Für weniger als 1,00 EUR werden die Leute quer durch die Stadt gefahren. Nur in der Nacht ist das Angebot eher schwach. Die meisten Linien fahren gegen elf zum letzten Mal.

Es gibt auch eine spezielle Art des Monatstickets. Das ist eine Chipkarte, die im Bus durch ein Lesegerät gezogen wird. Der Betrag wird dann direkt vom Konto abgebucht. Was modern klingt, erweist sich für Touristen als Problem: Kein Konto bei einer lokalen Bank, keine Chipkarte. Die Erfinder des Systems konnten sich nicht vorstellen, dass Gäste ihrer Stadt so oft Bus fahren, dass sich die Karte für sie lohnen könnte.